Wer Chinas Hauptstadt authentisch erleben möchte, der sollte auf jeden Fall die 798-Kunstzone in Peking besuchen. Für ausländische Touristen ist diese vielleicht noch ein Geheimtipp. Für die Einheimischen sind die drei Ziffern 798 bereits das Symbol für eine chinesisch-moderne Kunst. Sie besuchen das Viertel für einen Spaziergang, zum Essen, zur Entspannung oder zur Inspiration. Der Eintritt ist im übrigen frei.
Die 798-Kunstzone befindet sich in Dashanzi (Bezirk Chaoyang) nordöstlich der Innenstadt von Peking und in der Nähe vom Lufthansa-Center. Hier versammeln sich zahlreiche in- und ausländische Kultur- und Kunsteinrichtungen vor dem Hintergrund der in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts im Bauhaus-Stil errichteten Fabriken. An kaum einem anderen Ort verbinden sich Geschichte und Gegenwart sowie Industrie und Kunst auf so eine ideale Art und Weise wie in der 798-Kunstzone. Die hohen und geräumigen Werkhallen mit bunt gesprenkelten Mauern aus roten Ziegeln und sägenzahnförmigen Dächern, die kreuz und quer verlaufenden verrosteten Röhren, die aus verschiedenen Perioden zurückgebliebenen Parolen, die altmodische Dampflokomotive in der 751-Station, die hohen Schornsteine, aus denen noch Qualm aufsteigt, gelegentlich Arbeiter in Uniform auf den Straße – all dies erinnert an frühere Tage, in denen man vom revolutionären Enthusiasmus erfüllt war. Aber verschiedene Skulpturen, Gemäldeausstellungen verschiedener Themen, avantgardistische Installationskunst und Performance Art lassen einen visuellen Eindruck über die moderne Kunst erahnen. Sogar Bekleidungsläden, Buchhandlungen, Cafes und Restaurants vermitteln mit ihrem eigenwilligen Interieur oder kreativen Warenangebot eine künstlerische Atomsphäre. Avantgardekunst aus aller Welt und alte hinterlassene Industrieeinrichtungen, Überbleibsel aus der Geschichte sowie traditionelle chinesische Kultur- und Kunstelemente stoßen in der 798-Kunstzone aufeinander und verschmelzen zu einem ungewöhnlichen künstlerischen Zauber.
2003 wurde die 798-Kunstzone vom amerikanischen Magazin „Times“ zu jenen 22 Kunstzentren in der Stadt gezählt, die den besten Kultursinn in der Welt besitzen. Im gleichen Jahr wurde Peking vom amerikanischen Magazin „News Press“ zum ersten Mal zu den Top 12 der Welt gewählt, da die Entwicklung der 798-Kunstzone das Potential der Stadt Peking als eine künstlerische Weltmetropole bewiesen hat.
Die 798-Kunstzone liegt in der Nähe der Stadt-Autobahn zum Flughafen und ist auch mit dem Buslinien 401, 402, 405, 445, 909, 955, 973, 988 und 991 erreichbar. In der Kunstzone selbst stehen den Besuchern kostenlos Besichtigungsbusse zur Verfügung, die jeden gewünschten Bereich anfahren.
Weitere Reiseinfos:
Geschichte der 798-Kunstzone in Peking
In der heutigen 798-Kunstzone war früher das nordostchinesische Funkgerätekombinat 718 untergebracht, das mit Unterstützung der DDR 1952 gebaut und im Oktober 1957 in Betrieb genommen wurde. Für den Entwurf und Bau des 718-Kombinats war damals ein Architekturbüro in Dessau zuständig, welches denselben Prinzipien verpflichtet war wie das früher ebenfalls in Dessau beheimatete Bauhaus. Das Bauhaus legte großen Wert auf Funktionalität, Entfaltung der technischen und ästhetischen Möglichkeiten neuer Werkstoffe und Strukturen sowie auf einfache Formen und abwechslungsreiche und flexible Formgebungen.
Im April 1964 wurde das 718-Kombinat in die Fabriken 706, 707, 718, 797, 798 und 751 aufgeteilt. Im Dezember 2000 erfolgte die Zusammenlegung von sechs Fabriken zur Qixing-Gruppe. Im Rahmen der Umgestaltung lagerte die Qixing-Gruppe einige Betriebe aus und vermietete ungenutzte Werkhalle. Angelockt durch niedrige Mieten und den einzigartigen Bauhaus-Stil der hohen und geräumigen Werkshallen zogen nach und nach zahlreiche Künstler in die ehemaligen Fabrikhallen und gründeten hier Privatstudios und Galerien.
Heute sind über 400 Kunstinstitutionen in der 798-Kunstzone angesiedelt. Die Künstler kommen unter anderem aus China, Frankreich, Italien, Großbritannien, Holland, Belgien, Deutschland, Japan, Australien und Südkorea.